Mein Reiseblog - eine "Baustelle"

65 Länder auf vier Kontinenten habe ich bisher besucht - und weitere werden - hoffentlich - noch folgen!

Samstag, 11. Mai 2024

Neapel und die Amalfiküste

Wie umweltfreundlich kann man in Europa unterwegs sein? Diese Frage wird medial ständig diskutiert, und wir machen die Probe aufs Exempel: Kann man - ohne in ein Flugzeug zu steigen - eine Kultur- und Wanderreise in den Süden Italiens unternehmen? Die Antwort lautet: Ja, man kann. Allerdings muss man bezüglich der Kosten doch einige Abstriche machen.

Mit dem Interrail-Ticket nach Neapel
War in den 1970er Jahren Interrail die bevorzugte Reiseform für Jugendliche, so ist das heute in vielen Varianten und in jedem Alter möglich. Wir entscheiden uns für ein Ticket 1. Klasse in der Variante "Ein-Länder-Pass" - 3 Tage Italien innerhalb eines Monats zum Preis von € 190. Das funktioniert einigermaßen gut über die Webseite https://www.interrail.eu/de. Man braucht allerdings einige Geduld und Detailkenntnisse, um zum Ticket zu kommen. Denn zusätzlich sind in Italien für schnelle Züge ("Frecciarossa") Reservierungen erforderlich, also zusätzlich 15 € für einen Zug, den man fix buchen muss. Vergleichsweise günstig und auch einfacher zu buchen wäre ein Flugticket (mit WIZZAIR etwa 150 €, mit Austrian Airlines etwa 180 €). 

Wir machen uns also am 29. April auf den Weg: mit dem Taxi nach St. Pölten (im Parkdeck gäbe es sicher keinen Platz mehr am Montag um 7 Uhr). Mit Umsteigen in Innsbruck und Bologna wären wir laut Fahrplan in 13 Stunden in Neapel - allerdings fährt unser Zug wegen "Personen im Gleisbereich" bis Bologna eine Stunde Verspätung ein. Das bedeutet: eine neue Reservierung für einen anderen Zug nach Neapel - das funktioniert bei einem Last-Minute-Schalter allerdings recht unproblematisch. Mit zweieinhalb Stunden Verspätung kommen wir schlussendlich in Neapel an.

Die vielen Gesichter Neapels
Chaos und Lebenslust - diese beiden Attribute kennzeichnen die drittgrößte Stadt Italiens vielleicht am besten. Wir haben uns entschieden, eine ganz besondere Stadtführung zu buchen: mit einem alten Fiat 600 unternehmen wir mit einem Guide eine Rundfahrt. Wir besuchen einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten, dazwischen wird das kleine Auto immer wieder in einer Garage geparkt. So lernen wir sowohl die engen Gassen (Spacca Napoli) als auch die Außenbezirke kennen, wo wir eine traumhafte Aussicht auf die Stadt und den Golf von Neapel mit dem Vesuv haben. Am Ende der Tour besichtigen wir noch das Castel Sant'Elmo und steigen die 400 Stufen hinab in die Altstadt.

Overtourism (fast) überall
Wählt man die Amalfiküste als Reiseziel, muss man fast zwangsläufig mit vielen Touristen rechnen. Auch uns bleibt das nicht erspart. Schon bei der Anreise nach Amalfi (wo wir unser erstes Hotel für die Wanderreise haben - siehe https://hw-outdoor.blogspot.com/2024/05/wandern-der-amalfikuste.html) warten wir in einer langen Schlange am Bahnhof von Salerno im Regen auf den Linienbus nach Amalfi. Schließlich entscheiden wir uns - gemeinsam mit anderen Reisenden - für ein Taxi.

Auf unseren Wanderungen sind wir streckenweise allein unterwegs und können die Autoschlangen auf der serpentinenreichen Straße, welche die Amalfiküste entlang führt, aus großer Entfernung beobachten. Doch bei Schönwetter machen sich auf dem "Sentiero degli Dei" ganze Karawanen von Wanderern auf den Weg. Dass die Orte Amalfi und Positano von Touristen überquellen, damit rechnet man sowieso. Natürlich steigt dadurch auch das Preisniveau in der Gastronomie - aber hier ist man froh, überhaupt einen Platz in einem Restaurant zu bekommen. 

Nicht viel anders ist es auf der Insel Capri. Das beginnt schon beim Kauf der Tickets für die Fähre, setzt sich dann am Fährhafen der Insel fort, und die zentrale Piazza Umberto ist natürlich der absolute Hotspot. Aber die Routenplanung für unsere Rundwanderung führt uns dann auch an Stellen, wo der Touristenstrom abreißt. Und die einzigartige Aussicht auf die Steilküste und das Meer lässt einen vergessen, dass man ja nur Teil dieser touristischen Masse ist.

Zu einem besonderem Erlebnis wird der Besuch in Pompeji. Wir reisen mit der "Circumvesuviana" an - der regionalen Schmalspurbahn. Endlich haben wir im Gewusel der Touristen unser (vorab gebuchtes) Ticket und den Audioguide ergattert, dann kann die Besichtigung losgehen. Der Rundgang durch die antiken Ausgrabungen ist beeindruckend, wir erinnern uns an unseren Besuch im Rahmen unserer gemeinsamen Interrail-Reise 1976, als wir hier fast allein unterwegs waren. Jetzt kämpfen wir uns zwischen zahlreichen Gruppen von Kreuzfahrt-Touristen und Schulklassen durch.

Das Resümee
Unsere Reise (vom 29. 04. bis 10. 05.) entspricht in mehrfacher Hinsicht nicht dem touristischen Mainstream. Da ist einerseits die Anreise mit der Bahn - zu höheren Kosten, mit mehr Organisationsaufwand, aber natürlich mit dem Gefühl, tatsächlich umweltfreundlich unterwegs zu sein. Manchmal - speziell beim Besorgen von Tickets für Sehenswürdigkeiten - wünscht man sich die Bequemlichkeiten einer Gruppenreise, aber individuelles Reisen bietet andererseits ein hohes Maß an Freiheiten. Geradezu ideal ist die Kombination mit der Buchung einer individuellen Wanderreise (https://hw-outdoor.blogspot.com/2024/05/wandern-der-amalfikuste.html): Wir konnten die Bequemlichkeit von vorgebuchten Hotels und Gepäcktransport zwischen den Unterkünften in Anspruch nehmen und hatten doch größtmögliche Freiheit in der Gestaltung unseres Aufenthalts. 

Sightseeing mit dem Vintage-Kleinwagen

Spacca Napoli als Touristenziel
Positano an der Amalfiküste

Pompeji heute